Witwen in der Kapelle von San José

Mario Gómez, ein stämmiger 64-jähriger Minenarbeiter im örtlichen Bergwerk, ist ein sehr gläubiger Mensch. Am diesem Abend kniet er mit schmerzendem Rücken in einer Bank seiner Kirche, vor ihm die schwarz gekleideten Witwen des Ortes, und genießt die Dunkelheit der Kirche. Sie gibt Geborgenheit. Hier ist es so dunkel wie bei der Arbeit, tief unten in der geliebten chilenischen Erde. Aber diese Arbeit ist gefährlich.

Er denkt an die Zeit, die ihm noch bleibt. Seit dem 12. Lebensjahr begibt er sich in Gefahr. Seine schlimmste Vorstellung, dass seine Frau Liliana eines Tages auch hier sitzt, alleine, schwarz gekleidet und mit Tränen auf den Wangen, berührt ihn. Aber was soll schon sein? Morgen ist ein ganz normaler Donnerstag.

Galerie Ahlemann abstrakte Fotokunst Thomas Bienert ein von Schwarz dominiertes Motiv, auf dem wellenförmig angeordnetes, organisches Material durch dezenten Lichteinfall stellenweise hervorgehoben wird.
Witwen in der Kapelle von San José

SAN JOSE 5. AUGUST 2010

Grubenunglück.

33 Bergleute in 700 Metern Tiefe gefangen.

Rettung nach 69 Tagen.

Kein Toter.

Mario Gómez war der spirituelle Halt unter Tage. Er richtete sogar eine Gebetsecke ein.