Ralf Lindenau möchte Ihnen seine für ihn wichtigsten Werke mit seinen eigenen Worten näherbringen.
Viel Vergnügen mit diesen besonderen Einsichten:
„La Bocca della Verità„
Das ist auf Deutsch „Der Mund der Wahrheit“ und ist ein aus etlichen Filmen sehr bekanntes Relief in Rom. Eigentlich ist es ein Gullideckel, wenn ich richtig recherchiert habe.
Dieses Bild gehört mit Abstand zu einem meiner Lieblingswerke.
Jedes Mal, wenn ich dieses Werk betrachte, zieht es mich unweigerlich ganz tief in eine/ meine Welt des mystischen, obskuren, des kultischen „Wahnbildlichen“. Es strahlt eine Aura aus, welche ich nur ansatzweise in der Lage bin in Worte zu fassen.
Es hat diese extrem hohe Dichte an Interpretationsfreiheiten, von der SS-Totenkopf-Fratze über meine ganz eigene bildbestimmende Darstellung besagten Reliefs bis hin zum Fenster ins Unbekannte und der Personifizierung des Bösen. Ein sich überlappendes, ineinanderfließendes Wirrwarr an Horrorszenarien, unterstrichen durch eine Farbgebung, die an die dunkle Seite in uns gerichtet ist. Bedrückend und doch faszinierend.
Halt ein Suchbild im Reich der Dämonen.
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„Der Schaffensprozess„
Dieses Werk ist ein Versuch des Selbstbildnisses, mich im Prozess meines fotografischen Schaffens darzustellen.
Man fragt mich immer wieder, warum ich solche Werke mache und wie ich auf solche Ideen komme. Die Antwort findet ihr hier: All das wird in diesem Bild zum Ausdruck gebracht.
Es ist eine Interpretation der Glücksgefühle, der Zweifel, meiner Dämonen, der permanenten Frage des „Immer-besser-werdens“.
Es ist ein zentralistisches Bild, in dem ich mich in der Mitte dirigierend sehe, während all meine Zweifel, all meine Gedanken an mir zerren, unter anderem ausgedrückt durch den Griff des roten Armes, der mir meine Eingeweide rauszureißen scheint, ein Geißeln, nur um irgendwo noch mehr an mir zu ziehen, um noch eindrucksvollere Werke zu schaffen.
Diese Dämonen, die links und rechts neben meinem Kopf schwirren, dieses „rechte Schulter – linke Schulter, Engelchen und Teufelchen“ und dieses Wirrwarr, dieses Dunkle, auch nicht genau wissen wohin, kommt in diesem Bild zum Ausdruck. Dieses Zerrissensein, dieser ganze Prozess der Hingabe, der Hingabe für ein noch besseres Bild, der Hingabe für eine Antwort auf meine ganz eigenen kompositorischen Fragen.
Es ist ein nicht ganz steuerbarer Prozess. Dafür ist das Alles viel zu wirr. Aber im Grunde genommen ist es immer noch der Dirigent im Mittelpunkt, der mich genau dahin kommen lässt, wohin ich kommen möchte.
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„Das Proletariat“
Dieses Bild zeigt sehr bewusst sehr viel Grün, für mich stellvertretend für Neonlicht, arbeiten in Großraumbüros, für arbeiten in einer lichtuntauglichen Atmosphäre.
Ich sehe in diesem Bild einen Angestellten, der nicht einmal mehr wirklich den Bezug zu seinen Kollegen hat, weil sich sein „Ich“ ins Nichts auflöst. Einen Chef, der darüber schemenhaft die Geschicke seiner Untergebenen lenkt.
All das bringt zum Ausdruck, wie sehr die heutige Gesellschaft in Ihrem Dasein eingeschränkt, beengt und unterdrückt wird, welches durch die vordergründige Gitterstruktur unterstrichen wird.
Dieses Bild macht mich irgendwie wütend, trägt es doch eine gewisse Sinnlosigkeit in sich,
Andererseits ist es aber äußerst interessant, weil es alles in allem doch die Stimmung in dem hiesigen Land in vielen Facetten zum Ausdruck bringt. Ob das jetzt ein politisches Statement oder ob es eine persönliche Reflektion ist, darüber bin ich mir nicht wirklich sicher.
Aber für mich ist dieses Bild ein Schrei nach Ausbruch, ein Sinnbild der Unterdrückung.
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„Cosa Nostra“
In diesem Bild ist überwiegend schwarz zu sehen, Schwarz un ein kühles, kühles Grün. Die Cosa Nostra ist für mich der Inbegriff der Kriminalität, des Bandenverbrechens. Und genau das sehe ich in diesem Bild. Alles was in diesem Bild stattfindet, findet im Dunklen statt, genau das, was das Verbrechen ist. Einzig allein erhellt durch grün leuchtendes Neonlicht.
Ich lese das Bild von unten nach oben. In den unteren Reihen ist viel Dunkel, viel Schwermut, viel Verbrechen, ausgeführt durch die sinnbildlich dargestellten kleinen, grünen Punkte, die die kleinen Wasserträger der Cosa Nostra, welche die ganzen kleinen Verbrechen begehen, von Geld eintreiben, die Drogen hin und her fahren usw. usw., und damit das Ganze, das Große am Laufen halten.
Wenn ich dieses Bild nun von unten nach oben betrachte, so sehe ich über dieser Heerschar von Kleinkriminellen die großen Kasten, die großen Namen, die großen Familien, dargestellt in transparenten Kisten/ Kasten, in transparenten Schubladen, die sich überschneiden, weil all diese auch miteinander kommunizieren. Dieses thront über der ganzen Organisation.
So stelle ich mir vor,wie Großkriminalität sein müsste.
Links in diesen Kästen sehen wir einen rötlichen Schimmer. Das Rot welches in meinen Augen stellvertretend für die Blutslinie steht. Die Blutslinie dessen, wo man herkommt bzw. aus welcher Familie man kommt. Und man sieht weiterhin Gestalten, die hin und her laufen und untereinander auch Verbindung haben und sich dort frei bewegen, während aber der Unterbau komplett abgeschnitten ist. Dort macht jeder nur das, was er machen darf.
Es ist für mich eine eindrucksvolle Interpretation einer riesengroßen Organisation – es könnte auch jede andere Organisation sein. Aber Cosa Nostra finde ich trifft es, nicht allein durch die geniale Farbgebung, auf den Punkt.
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„Der Glaubenskrieg der Osterinseln„
Die Farben in diesem Bild sind all das, was für mich Krieg ausmacht: Rot, Gelb, leuchtendes Gelb, Schwarz, harte Kanten, Fragmente von irgendwas, was nicht mehr da ist.
Das ist Feuer, das lodert, es brennt, die Vegetation, und alles von Menschenhand Erschaffene brennt hier in diesem Bild und wird vernichtet.
Und das ist genau das, was für mich die Osterinseln sind. Die Menschheit in ihrem Wahn des Glaubens, des Egoismus, die Umwelt komplett zerstörend und nichts mehr übrig zu lassen.
Die Osterinseln sind für mich dafür sinnbildlich – sinnbildlich für die Menschheit, die Angst, die Kriege zwischen Ländern, Kriege zwischen Kontinenten,Kriege des Glaubens.
Und all das kommt in diesem Werk zum Ausdruck.
In diesem Bild sehe ich Steinfiguren – die Steinfiguren der Osterinseln, die den Bewohnern zu der damaligen Zeit aus religiösen Gründen unglaublich wichtige waren.
Im unteren rechten Drittel/ Viertel sieht man ihre Göttergötzen in der Profilansicht.
Während im oberen rechten Viertel des Bildes diese fragenden Gesichter, mit diesen großen tränenden Augen zaghaft zum Vorschein kommen.
Dieses Wirrwarr, diese irre Spannung, die sich durch die gekreuzten Linien, die unterbrachen und weiter geführt werden in diesem Bild zeigt – damit unterstreiche ich dieses Gefühl des Krieges.
… und nur ein leiser Hauch von Grün auf der rechten Seite des Werkes lässt erahnen,wie schön dieses Paradies einst wohl mal gewesen sein muss, bevor das polynesische Volk dieses betrat.
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„Das Kruppsche Ende“
Dieses Bild hat in meinen Augen etwas sehr Industrielles.
Unten links ein Arbeiter, der vor den glühenden, roten Hochöfen steht, die nach oben hin letztendlich verblassen und erkalten und nur noch zur kulturellen Historie werden. Symbolisch für den allerletzten Abstich, das letzte Brennen des Hochofens.
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„Moderne Zeiten“
Frei nach dem Motto von Charlie Chaplins Film.
Ich sehe unten rechts noch irgendwo schemenhaft eine Gestalt, die sich nach oben hin in immer dichter werdenden geometrischen Strukturen und Linien auflöst.
Diese Struktur steht in meiner Betrachtung für Industrie, für Fließband, für immer mehr Technik, in der sich der Mensch irgendwann verliert und am Ende nicht mehr wiederfindet – wie das auch in dem Film wunderbar beschrieben wurde. Über Allem thront ein grimmig dreinschauender Großindustrieller, unter dessen Fittichen der einzelne Mensch höchstenfalls noch eine Nummer ist.
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„Barbie on LSD“
Dieses Bild zeigt für mich die Glitzer-Glimmer-Farben-übertriebene Welt von Barbie, bei der alles aufgesetzt bunt und perfekt ist.
Ganz rechts im Bild sehe ich diesen Horror-Kent, der auch aus einem Film wie zum Beispiel „Saw“ stammen könnte. Mittig im Bild sehe ich zudem noch eine Art Ninja-Turtle, der genau dieses heile Glitzer-Kinderspielgedönse krass unterbricht und die konstruierte Glitzerwelt in Frage stellt.
Halt ein Horror-Barbie-LSD-Trip.
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„The Internet Love Affair“
Ein Bild in der allein durch die Farbgebung der Verlauf einer Beziehung in der heutigen, so schnelllebigen Zeit dargestellt wird.
Gelesen von unten nach oben sind es zwei Individuen, die über eines dieser Internet-Paar-Portale zueinander finden. Deren Gefühle füreinander, ausgedrückt durch Gelb und Rot, anfangs noch heiß und innig sind und dann Stück für Stück wieder in Zweifel gezogen werden, was durch die Farben Grau, Lila und Schwarz dargestellt wird. Am Ende zerfällt alles und man trennt sich wieder, nur um ganz unten wieder von Neuem zu beginnen.
Dies ist für mich ein Werk, welches die Austauschbarkeit und Schnelllebigkeit von Beziehungen und Lebensabschnittsgefährten aus diesen wunderhübschen Internetportal-Katalogen zum Ausdruck bringt.
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„Wächter des Heiligen Grals“
Dieses Bild ist eine Hommage an das Mittelalter, an die Sagen, die erzählt werden und die sich um den Heiligen Gral und andere Insignien der ach so heiligen Kirche drehen.
Der Wächter, der edle Ritter, der sich mit seinem Langschwert aus der dunklen Höhle, welche durch schwere Eisenketten gesichert ist, heraus erhebt, um den Gral vor Nichtgläubigen zu verteidigen – irgendwo in der staubigen, vergessenen, unendlichen Wüsteneinöde des heutigen Nahen Ostens.
Vielleicht habe ich ja als Kind zu viel „Prinz Eisenherz“-Comics gelesen, doch so könnte ich mir ein solches Szenario vorstellen.
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„Der schleichende Tod“
Es ist ein recht politisches Werk, mit dem ich meinen Unmut über die Verschmutzung unserer Meere und Gewässer durch Plastikmüll zum Ausdruck bringen möchte.
Sinnbildlich dafür steht eine sich im Bild auflösende, weiße, verschwommene Plastiktüte vor einem blauen, wasserähnlichen Hintergrund.
Im Jahre 2050, so Statistiken, wird es dreimal so viel Plastikmüll geben, der unsere Meere verschmutzt, als es darin Fische und Lebewesen gibt.
Ich habe einige Jahre am schönsten Strand Floridas gelebt Das Wasser dort war glasklar, die Fauna und Flora war reichhaltig und wunderschön. Leider durfte ich auch miterleben, wie über die Jahre immer mehr der Plastikmüll diese herrliche Wasserlandschaft verunreinigte. Das trifft mich persönlich und macht mich unendlich traurig und wütend.
Ich wünschte, wir, die Menschheit, würden endlich einmal wach werden und anfangen uns und unserer Umwelt ein wenig Respekt und Achtung zu zollen.
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„Stockholm on the Rocks“
Dieses Bild ist für mich eine Hommage an die „Absolut Wodka Bar“ in Stockholm, eine Eisbar.
In diesem Bild sehe ich ganz einfach nur ein paar geile Wodkagläser on the Rocks auf der Eistheke.
Ud diese Stimmung, die sich hier durch das bildbestimmende Blau ausdrückt, ist genau die Stimmung, die man in dieser Bar hat.
Wer noch nicht da war, sollte so etwas unbedingt mal machen. Es muss nicht Stockholm sein, könnte auch irgendwo anders sein. Aber das hier ist für mich ganz klar „Stockholm on the Rocks“.
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„Das Brainstorming“ oder „Die Agentur“
Das Foto ist für mich eine moderne Interpretation eines Brainstormings in einer Werbeagentur.
Oben eine ganz filigran angedeutete Büroatmosphäre mit einigen Köpfen, die damit beschäftigt sind, Jobs ran zu holen (die Erbsenzähler, die Akquisiteure) an ihren Telefonen.
Weiter unten sehe ich die Kreativabteilung (den Art Director und die Kreativen), die in einem Brainstorming Lösungen und Konzepte erarbeiten, umringt von als dynamisch und wild dargestellten Linien, die mal elliptisch, mal diagonal verlaufend, ihre Gedanken schweifend darstellen – alles in einem Grün, welches für mich symbolistisch die kalte Neon-Umgebung von Büros und Nachtarbeit darstellt.
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